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Hurra ! Wir fahren nach Berlin

Klassenfahrt zur Mauer
(2011, 45', WDR)

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"Hurra - wir fahren nach Berlin !" jubelten in den siebziger und achtziger Jahren Zehntausende von Schülern in NRW. Anstatt in eine langweilige Jugendherberge irgendwo im Nirgendwo zu fahren, ging die Klassenfahrt in die aufregende Mauermetropole - inklusive Gruselbesuch im grauen Ostteil, von den dortigen Machthabern mit trotzigem Stolz "Hauptstadt der DDR" genannt.

 

Die Klassenfahrt zur Mauer ist das zentrale Stück DDR-Erfahrung der Generation der heute 40 - 55 jährigen aus Nordrhein-Westfalen. In den beiden Jahrzehnten vor der deutschen Wiedervereinigung reisten jährlich knapp eine Million Schüler aus Westdeutschland nach Berlin. Lernziel: die deutsche Frage hautnah erleben.

 

Die damals sechzehn- bis achtzehnjährigen Mädchen und Jungen hatten eine klare Vorstellung von dem, was sie erwartete: "Der Systemvergleich Planwirtschaft - Freie Marktwirtschaft war Unterrichtsthema", erinnert sich der Düsseldorfer Bernward Malaka. " Für uns war klar, das da drüben sind arme Schweine". "Die DDR hatte einen schlechten Ruf, so in etwa "die fressen auch kleine Kinder'", erzählt der Bochumer Kabarettist und Romanautor Frank Goosen. Die Reise in die geteilte Stadt wird für die Jugendlichen vom Niederrhein, aus Bochum, Bielefeld, Vlotho oder Düsseldorf zu einer Mischung aus Ferienvergnügen und Politabenteuer: "Allein die Fahrt in den Transitbereich auf der Autobahn war schon gruselig", erzählt Heike Gabernig aus Meerbusch.

 

Die meisten Schüler und Schülerinnen freuten sich erst einmal auf das pulsierende Leben West-Berlins. Hier gab es ein legendäres Nachtleben, große Diskos, die beginnende Punk-Bewegung und natürlich auch den dunklen Mythos "Christiane F." Das eingemauerte West-Berlin mit der tristen Osthälfte hinter Beton und Stacheldraht war so ganz anders als die westdeutschen Großstädte, von den Städtchen und Dörfern in der ländlichen Provinz ganz zu schweigen. "Das Ziel war die politische Bildung, das machten wir tagsüber - und abends ging es dann in die Großdisko Riverboat".

 

Der Höhepunkt der Klassenfahrt aber war der Besuch in Ost-Berlin. Die Schüler wurden gewarnt: Man sollte sich benehmen, niemanden ansprechen und auf gar keinen Fall D-Mark West in Mark Ost schwarz tauschen. Für manchen machte das aber den besonderen Reiz aus: "Wir hofften insgeheim, wir werden verhaftet und auf der Glienicker Brücke ausgetauscht."

 

Der Film lässt die heute so fern erscheinende Zeit der deutschen Teilung aus der Perspektive der Schüler wiederaufleben - mit fast vergessenen Bildern von der Mauer, mit Aufnahmen aus Ost-Berlin und mit viel Musik erzählt die Dokumentation von Schülerscherzen, DDR-Autoritäten, Kultur und Liebe. Wer die Klassenfahrt nach Berlin mitgemacht hat, bei dem hat sie sich unauslöschlich eingeprägt.

 

Kamera: Frank Hlawitschka  Schnitt: Britta Lukas Redaktion: Gudrun Wolter

 


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